Die Gemeinschaft der Bienen

Die Gemeinschaft der Bienen

mardi 14 août 2018

Von den Bienen kann man’s lernen: Anders wirtschaften, der Gemeinschaft dienen, teilen. Luis Enrique Castañón Chavarría, Generaldirektor der Oikocredit Partnerorganisation Miel Mexicana gibt Auskunft über das genossenschaftliche Leben und Arbeiten mit Bienen, Imker*innen und internationaler Kundschaft.

Die Bienen

Honig ist nicht nur Süßungsmittel, sondern ein vollwertiges Produkt, das Eiweiß, Mineralien und Vitamine liefert und überdies von den Bienen auf eine ungemein noble Weise produziert wird. Sie gehen sehr ähnlich vor wie unsere Genossenschaft auch. Die Bienen arbeiten immer für die Gemeinschaft und nicht für sich selbst. Die Bienen lehren uns, dass eine andere Form des Wirtschaftens funktioniert, ausschließlich zugunsten der Gemeinschaft. Ist das nicht einzigartig?

Die Genossenschaft Miel Mexicana

Wir haben damals begonnen, Bio-Honig zu produzieren und zu exportieren, auch wenn sich keiner vorstellen konnte, dass es klappen würde. Einige haben sogar gelacht und gesagt, wir seien naiv, Träumer. Sie sagten: „Wie wollt ihr das schaffen? Euch fehlen die Bienen, die Flächen und das Geld…“ Als wir dann unseren ersten Exportvertrag abschlossen, bedeutete das für uns die Verwirklichung unserer Träume. Die Genossenschaft ist der Ort, wo wir unsere Träume verwirklichen können. Hier können wir eine Welt schaffen, in der wir uns entwickeln können, wo alles gerecht ist, wo wir kooperieren und uns mit anderen solidarisieren können. Die Genossenschaft ist für uns eine Lebensweise. Als wir anfingen, haben wir uns genossenschaftlich organisiert, weil uns das die geeignete Form schien, um die Armut in unserem Land zu bekämpfen. Wir haben die Genossenschaft gegründet, weil es in Mexiko fast keine Männer mehr gab, so viele waren in die USA ausgewandert und arbeiteten dort. Es gab nur noch ältere Menschen, Frauen und Kinder, die in extremer Armut lebten. Die Idee am Anfang war, Arbeitsplätze für die potentiellen Emigranten zu schaffen, damit sie in Mexiko bleiben. Kleine Produzent*innen haben sich zusammengetan und mit der Honigproduktion begonnen. Wir haben es geschafft, mindestens acht Ethnien unter einen Hut zu bringen. All diese Menschen haben als Mitglied der Genossenschaft die gleichen Ziele. Die Genossenschaftsidee ist ein bisschen ungewöhnlich in Mexiko, weil sie aus Europa kommt. Wir haben das Modell adaptiert und die Besonderheiten unserer Mitglieder berücksichtigt, sie respektiert und integriert. Wir versuchen seit Jahren, ein soziales Unternehmensmodell zu entwickeln, mit dem Firmen wirtschaftlich, ökologisch und sozial erfolgreich sein können. Wir wollen, dass dieses Projekt von anderen kopiert wird und unsere Genossenschaft Initiatorin einer Bewegung wird.

Miel Mexicana Volcán Popocatepetl SC de RL (Miel Mexicana) produziert und exportiert schwerpunktmäßig Bio-Honig für den fairen Handel. Die Anfänge als Initiative einiger Imker*innen reichen bis 1996 zurück, seit 2001 ist Miel Mexicana offiziell Genossenschaft und eine der ältesten Fairhandelsorganisationen in Mexiko. Sie hat sich dank nachhaltiger Strategien und einer klaren Qualitätsorientierung kontinuierlich weiterentwickelt, die Fairhandels- und Bio-Zertifizierung verschafft ihr zudem einen klaren Wettbewerbsvorteil auf dem internationalen Markt. Miel Mexicana ist derzeit in neun Bundesstaaten mit starker sozialer und ökologischer Ausrichtung aktiv. Sie schult benachteiligte und marginalisierte Menschen in der Produktion von Bio-Honig und verhilft ihnen zu einem sicheren Verdienst. Um das Honigangebot zu diversifizieren und die Produktionszeit zu verlängern praktizieren die Imker*innen auch die so genannte Wander-Bienenzucht, transportieren die Bienenstöcke je nach Saison und gewünschter Honigart in verschiedene Gegenden. Die Genossenschaft fördert Frauen in der als Männerdomäne geltenden Imkerei, 20 Prozent ihrer Mitglieder sind Frauen.

Produzierende Genossenschaftsmitglieder

Unsere Produzent*innen leben in und mit der Natur, mitunter räumlich weit entfernt und doch nah beieinander. Alle Familienmitglieder arbeiten mit. Wenn gefeiert wird, kommen alle. Wenn jemand heiratet, kommt das ganze Dorf. In dieser Welt sucht jede und jeder Verbundenheit. Die Menschen leben in der Familie und in der Gemeinschaft. Ich habe gesehen, dass die Welt besser ist, wenn alle Teil der Gemeinschaft sind und alles in der Gemeinschaft geschieht. Der Schlüssel zu allem ist die Liebe: zur Natur, zu den Bienen und zur Arbeit. Wie haben viel von ihnen gelernt. Imker*innen, die alles alleine erledigen müssen, können sich nicht so gut entwickeln, weil es schwierig ist, alle Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Bei uns kümmern sich die Produzent*innen darum, Honig bester Qualität zu produzieren, denn nur dann können wir gute Preise verlangen, und wir, als Verwaltungsabteilung, machen alles andere. Sie können sich weiterbilden, strategisch mitgestalten, müssen untereinander nicht konkurrieren, sondern können kooperieren. Sie haben Gelegenheit, die Folgen ihres Handels zu reflektieren. Wir haben mit Menschen gearbeitet, die sonst keine Chance gehabt hätten, weil sie die Schule vielleicht nicht besucht oder beendet haben, weil sie weit weg von den Städten wohnten oder niemanden hatten, der ihnen etwas zeigt. Wir haben es geschafft, dass sie heute Bio-Honig in sehr guter Qualität produzieren und exportieren können.

Zwei Genossenschaften arbeiten zusammen

Als Oikocredit zu uns kam, dachten wir, angemessene Kredite geben uns die Möglichkeit, dass unsere Organisation wachsen und stärker werden kann. Wir hatten keine Befürchtung, dass Oikocredit als Finanzierer uns das Geld oder das ganze Unternehmen wegnehmen würde. Deswegen haben wir darüber nachgedacht und entschieden, diese Unterstützung anzunehmen und zusammenzuarbeiten. Wir hatten das Gefühl, auf diese Art und Weise können wir unserer Unternehmen nachhaltig voranbringen. Denn das wichtigste ist, die Genossenschaften für die Zukunft finanziell, organisatorisch, steuerlich, rechtlich besser aufzustellen. Miel Mexicana arbeitet seit 2015 mit Oikocredit zusammen.

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